In der letzten Zeit werden es immer mehr Menschen, die ihr Familienschicksal erforschen. Sie spüren die Zugehörigkeit zur Familie, sie wissen, dass sie ein Teil des Herkunftssystems sind und damit das Schicksal ihrer Ahnen teilen.
Wir haben gelernt in Familienaufstellungen diese Zusammenhänge aufzuspüren, unsere Verstrickungen anzuerkennen und uns daraus zu lösen. In der Arbeit mit dem Familiensystem kommt ans Licht, wie sehr wir unserer Sippe in Treue und Liebe verbunden sind. Dafür gibt es zwei Gründe: Das Kind in uns bedarf dieser Zugehörigkeit um überleben zu können und entwickelt – fast könnte man sagen notgedrungen – eine grosse Loyalitätsliebe. Mit dieser fast magischen Liebe verbündet der Mensch sich mit dem Schicksal von Eltern, Grosseltern und Geschwistern.
Der zweite – erst einmal unbewusste – Grund uns mit ganzem Herzen mit dem Familienschicksal zu verbinden ist, uns in den Dienst unserer Sippe zu stellen und uns gegebenenfalls sogar dafür zu opfern. In jeder Sippe gibt es Unrecht, Schmerz und unvollendete Geschichten. Da gibt es z.B. den Grossvater, der gebrochen aus dem Krieg zurückkehrte, das ausgegrenzte uneheliche Kind einer Tante oder die Grossmutter, der ihre erste Liebe genommen wurde. Durch die Generationen hindurch geschieht soviel Schweres, dass der Mensch oft mit seinem Schicksal überfordert ist. Damit die Sippe dennoch überlebt, verteilt sich das Trauma des Einzelnen auf alle Familienmitglieder, die Lebenden, die Früheren, und die Späteren. Und wir, wir sind aus tiefstem Herzen in grosser Liebe bereit mitzutragen, damit das Ganze, damit alle überleben.
Aus den weit über 15 Jahren Reinkarnationstherapie weiss ich, welche Bilder der Mensch in seinem Inneren trägt, welche «Erinnerungen» er an seine früheren Leben hat und was sie heute für ihn bedeuten. Es überrascht nicht, dass diese «karmischen» Bilder dem Schicksal der Familie sehr gleichen. Da gab es zum Beispiel einen Mann, der sich selbst sah, wie er als Unschuldiger gehängt wurde. Über 20 Jahre später fand er heraus, dass seinen Grossvater dieses Schicksal ereilte. Somit liegt der Gedanke nahe unser Familienschicksal gleich zu setzen mit unserem Karma. Wir werden hineingeboren in die richtige Familie, die richtigen Umstände, die richtigen Schmerzen, das richtige Glück. Und: wir, unsere Seelen sind bereit all dies freiwillig und in Liebe zu tragen. Vom Familiensystem aus betrachtet tragen wir unser Karma in Liebe und in grosser Bereitschaft es zu lösen. Somit ist jede Lösung vom «fremden» Schicksal der Ahnen – ganz tief im Inneren der Geschichte – eine Entbindung von dem, was wir «mitgebracht» haben. Das Lösungsmittel ist die Liebe, mit der wir freiwillig mit anderen das Schwere teilen. Wenn dies zuerst auch «nur» unsere engsten Familienmitglieder betrifft, so ist der Schritt, uns mit allen Menschen, mit allen Seelen zu verbinden und das Leid aller zu teilen, sehr nah. In Wirklichkeit trennt uns davon nur unser Bewusstsein, das die Welt in Gut und Böse aufteilt und damit andere ausgrenzt. Aus dem Wunsch heraus das innere Auge für grössere Zusammenhänge zu öffnen und sich der verbindenden Liebe gewahr zu werden, ist die Arbeit am Familiensystem und das Familienstellen selbst ein spiritueller Weg. Irgendwo müssen wir ja beginnen. Warum nicht da, wo wir uns befinden, inmitten unserer Familie, an der Stelle der Liebe.